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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Koblenz
Urteil verkündet am 23.10.2001
Aktenzeichen: 11 UF 771/00
Rechtsgebiete: GVG, HausrVO, BGB, ZPO, ZGB


Vorschriften:

GVG § 23 b
HausrVO § 10
BGB § 284
BGB § 288
ZPO § 93 a
ZPO § 97 Abs. 2
ZPO § 346
ZPO § 515 Abs. 3
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
ZGB Art. 187
ZGB Art. 202
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KOBLENZ Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 11 UF 771/00

Verkündet am 23. Oktober 2001

in der Familiensache

wegen Gesamtschuldnerausgleichs

Der 11. Zivilsenat - 3. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Koblenz hat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Werner, den Richter am Oberlandesgericht Haupert und den Richter am Amtsgericht Egnolff auf die mündliche Verhandlung vom 26. September 2001

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufungen beider Parteien gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Mainz vom 28. November 2000 werden - unter teilweiser Aufhebung des Versäumnisurteils des Senats vom 29. Juni 2001, im übrigen unter seiner Aufrechterhaltung - zurückgewiesen, mit der Maßgabe, dass Ziffer 2 des Urteilsausspruchs teilweise abgeändert wird.

Die Antragstellerin wird verurteilt, an den Antragsgegner 7.078,46 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 16.2. 2000 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Berufungsverfahrens zu 73 %, im übrigen trägt sie die Antragstellerin. Es bleibt bei der Kostenentscheidung 1. Instanz. Die Kosten seiner Säumnis trägt der Antragsgegner vorweg.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Parteien, beide türkische Staatsangehörige, schlössen am 27. Novemberl996 vor dem türkischen Generalkonsulat in M die Ehe. Im November 1998 trennten sie sich bereits wieder. Sie hatten am 25. April 1996 ein Darlehen bei der bank über netto 40.000,00 DM aufgenommen, das (so jedenfalls der Vortrag des Antragsgegners in 1. Instanz) teilweise zur Rückführung eines bereits bestehenden Darlehens des Antragsgegners verwandt wurde, teilweise wurde davon Hausrat angeschafft. Des weiteren nahmen die Parteien im Februar 1997 einen Kredit bei der Kredit Bank zur Anschaffung eines PKW Fiat Bravo auf über 27.302,00 DM. Im vorliegenden Scheidungsverfahren begehrte der Antragsgegner in der Verbundsache Güterrecht den Ausgleich der Kreditverbindlichkeiten je zur Hälfte. Das Amtsgericht schied durch das angefochtene Verbundurteil die Ehe der Parteien und verurteilte die Antragstellerin an den Antragsgegner zum Ausgleich des Kredits bei der bank zum einen einen Betrag von 3.241,56 DM (1/4 der vom Antragsgegner seit der Trennung bis zum März 2000 insgesamt gezahlten Raten) an den Antragsteller zu zahlen, und zum anderen, ab April 2000 jeweils 190,68 DM (1/4 der vereinbarten Monatsrate von 762,72 DM) unmittelbar an die bank zu leisten. Bezüglich des Kredits bei der Kredit Bank wies es den Antrag ab.

Hiergegen richten sich die Berufungen beider Parteien. Die Antragstellerin möchte den Antrag insgesamt abgewiesen haben. Der Antragsgegner verfolgt seinen erstinstanzlichen Antrag bezüglich des bank Darlehens zunächst weiter. Der Senat erließ am 29. Juni 2001 ein Versäumnisurteil, mit dem die Berufung des Antragsgegners zurückgewiesen und auf die Berufung der Antragstellerin das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und der Antrag insgesamt abgewiesen wurde. Hiergegen hat der Antragsteller Einspruch eingelegt, diesen aber teilweise zurückgenommen.

II. Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil des Senats ist form- und fristgerecht eingelegt; insoweit ist, im wesentlichen, soweit der Einspruch aufrecht erhalten wurde, das Versäumnisurteil teilweise aufzuheben. Das Urteil des Amtsgerichts ist zu bestätigen, allerdings mit der Maßgabe, dass die Zahlungen nunmehr an den Antragsgegner und nicht in Raten zu erfolgen haben.

1. Zwar liegt hier keine Familiensache im Sinne des § 23 b GVG - eheliches Güterrecht - vor (vgl. Zöller-Philipppi, ZPO; 22. Aufl., Rdnr. 60 zu § 621 grundsätzlich nicht bei ausländischen Güterrecht; s. aber Rdnr 67a hier wird zu Recht differenziert). Art. 187 türk. ZGB regelt nur teilweise die Haftung für Schulden im Bereich der Gütertrennung, speziell auch die erweiterte Haftung des Mannes. Das betrifft keine güterrechtliche Frage, sondern ist vielmehr eine Art Regelung zum - nach deutschem Recht - Gesamtschuldnerausgleich. Vorliegend werden derartige Ausgleichsansprüche geltend gemacht, die auch nach deutschem Recht keine Familiensachen wären (vgl. OLG Köln FamRZ 1994, 1477, Hamm FamRZ 1993, 211).

Wenn jedoch keine Güterrechtssache vorliegt, hat das Amtsgericht zu Unrecht im Verbund entschieden, der Antrag hätte als unzulässig zurückgewiesen werden müssen. Nachdem aber, wenngleich unzulässig, im Verbund entschieden wurde und der Scheidungsausspruch nicht angefochten und rechtskräftig ist, ist der in 1. Instanz aufgetretene Verfahrensfehler prozessual überholt. Es ist bezüglich des alleine in die 2. Instanz gelangten Teils von der formellen Anknüpfung (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 GVG) auszugehen und zu entscheiden(vgl. BGH FamRZ 1997, 811).

2. Das Amtsgericht hat unter Berücksichtigung der Vorschriften des türkischen ZGB, insbesondere des Art. 187 richtig entschieden. Die Parteien lebten im gesetzlichen Güterstand der "Gütertrennung" (Art. 170 ZGB). Deshalb ist auch Art. 202 ZGB, auf den sich die Antragstellerin bezieht, nicht anwendbar, denn die Vorschrift betrifft die - durch Ehevertrag begründete - (Art. 191 ZGB) Güterverbindung.

a. Art. 187 ZGB geht im Grundsatz von der Haftung jedes Ehegatten für seine Schulden aus. Allerdings haftet der Ehemann, so weit er die Frau vertreten hat (vgl. Art 186), auch für deren Schulden. Die Frau haftet für ihre Schulden und subsidiär auch für die vom Mann für den Haushalt begründeten, falls dieser zahlungsunfähig ist.

b. Das bedeutet: für die Haftung der Eheleute.

i. Für den Kredit bei der bank haften sie ohnehin im Außenverhältnis als Gesamtschuldner, aber auch im Innenverhältnis grundsätzlich je zur Hälfte, weil es sich hierbei nicht um in der Ehe begründete Verbindlichkeiten handelt. Die Frage ist dann, wie im Innenverhältnis zu verteilen ist. Zu Recht hat das Amtsgericht bei seiner Wertung darauf abgestellt, wem letztlich in welchem Umfange die Gelder zugute gekommen sind. Es war bisher unstreitig, dass das Girokonto des Mannes zurückgeführt wurde mit 20.000,00 DM, das wurde bereits im Anspruchsschreiben des erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners vom 12.1.1999 so dargestellt (Bl. 22 GA); das jetzige Bestreiten im Schriftsatz vom 20.6.2001 (Bl 243 GA) ist weil nicht gesagt wird, wie hoch denn sonst, wenn nicht mit 20.000,00 DM das Konto im Soll gestanden hat, - unsubstantiiert; der angekündigte Beleg fehlt. Jedenfalls wurden - auch das war und ist unstreitig - für den Rest des Darlehens von 20.000,00 DM überwiegend Hausratsgegenstände angeschafft bzw. Renovierungsarbeiten durchgeführt. Insoweit haften, wie das Amtsgericht zur Recht annimmt beide zu gleichen Teilen. Dass der Hausrat jetzt insgesamt beim Antragsgegner sich befindet, ändert hieran nichts. Unstreitig hätte die Antragstellerin die Möglichkeit der Aufteilung gehabt, hat sie sogar zunächst vehement verlangt(vgl. den Schriftsatz ihrer erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 20. Januar 1999; Bl. 23 ff. GA). Wenn sie sich nunmehr darauf zurückzieht, es sei ihr nicht zuzumuten, Hausrat zu haben, der von dem Antragsgegner und seiner Lebensgefährtin benutzt worden sei, kann dies kein Kriterium für die Haftung im Innenverhältnis sein. Immerhin wurde dieser Hausrat auch von den Eheleuten während des Zusammenlebens gemeinsam genutzt; ebenso sind die Renovierungsarbeiten beiden zugute gekommen. Auch wenn man den Gedanken des § 10 HausrVO heranzieht und im Rahmen der Billigkeit prüft, ob nicht der Antragsgegner, der ja nun den Hausrat hat, auch die Schulden haben soll (Borth in Schwab, 4. Aufl. Rdnr IX, 35), führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis, denn das Amtsgericht hat nicht etwa die gesamten Schulden insoweit gequotelt; es ist vielmehr für die Zeit des Zusammenlebens von einer alleinigen Haftung des Antragstellers, der in dieser Zeit die Raten alleine gezahlt hat, ausgegangen. Und insoweit ist den aus § 10 HausrVO resultierenden Billigkeitserwägungen Genüge getan.

ii. Für den PKW Kredit gelten allerdings andere Gesichtspunkte; dieser ist von Anfang an ganz wesentlich dem Antragsgegner zugekommen und diesem nach der Trennung auch verblieben; die Antragstellerin hat nicht einmal einen Führerschein. Ob das Fahrzeug inzwischen stillgelegt ist, ist gleichgültig. Letztlich bedarf es hierzu keiner weiteren Ausführungen mehr, den der Antragsgegner bekämpft - nach teilweiser Einspruchsrücknahme - das Urteil des Amtsgerichts insoweit nicht mehr.

iii. Es kann allerdings im Ergebnis nicht beim Ausspruch des Amtsgerichts bleiben, denn der Antragsgegner hat den Kredit bei der bank inzwischen insgesamt, und zwar am 19.6.1999 zurückgeführt (vgl. Bl. 248 f GA), was dem Amtsgericht nicht bekannt war. Der Anspruch stellt sich deshalb nicht mehr als Freistellungsanspruch dar sondern ist unmittelbar auf Ausgleich gerichtet. Auszugleichen ist 1/4 der seit der Trennung vom Antragsgegner gezahlten Beträge. Das sind zum einen 1/4 von 22.974,81 DM, dem Restbetrag des Kredits, somit 5.743,70 DM. Hinzu kommt 1/4 der seit der Trennung im November 1998 bis einschließlich Mai 1999 gezahlten Raten von jeweils 762,72 DM, also 7 x 190,68 DM = 1.334,76 DM. Das sind zusammen 7.078,46 DM. (Soweit in der mündlichen Verhandlung ein geringfügig höherer Antrag gestellt wurde, beruhte das auf einem - vom Senat veranlassten - Rechenfehler).

Der Zinsanspruch beruht auf § 284, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 93a, 97 Abs.2, 346, 515 Abs. 3 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

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